Angenommen in Cascais (Portugal) am 27. April 2018 auf der 29. Vollversammlung der Europäischen Agentur für Jugendinformation und Jugendberatung (ERYICA) Präambel In einer komplexen, digitalisierten Gesellschaft und in einer vernetzten Welt, die viele Herausforderungen und Möglichkeiten mit sich bringt, sind der Zugang zu Informationen sowie die Fähigkeit, Informationen auszuwerten und zu nutzen für junge Menschen aus Europa und darüber hinaus wichtiger denn je. Jugendinformation kann ihnen helfen, ihre Wünsche zu verwirklichen und ihre Partizipation als aktive Mitglieder der Gesellschaft fördern. Information sollte in einer Form zur Verfügung gestellt werden, die die Möglichkeiten der jungen Menschen erweitert und ihre Eigenständigkeit sowie die Selbstbefähigung fördert. Der Respekt gegenüber der Demokratie, den Menschenrechten und den Grundfreiheiten beinhaltet das Recht aller Jugendlichen, im Hinblick auf alle ihre Fragen und Bedürfnisse Zugang zu umfassender, objektiver, verständlicher und zuverlässiger Information zu haben. Dieses Recht auf Information wurde in der „Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte“, im „Übereinkommen über die Rechte des Kindes“, in der „Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und der Grundfreiheiten“ sowie in der „Empfehlung N° (90) 7, CM/Rec(2010)8 und CM/Rec(2016)7 des Europarats zur Information und Beratung von Jugendlichen in Europa“ anerkannt. Dieses Recht bildet auch die Basis der Aktivitäten der Europäischen Union im Bereich der Jugendinformation. Allgemeine Jugendinformation deckt alle Themen ab, die Jugendliche interessieren, und kann ein breites Spektrum an Angeboten beinhalten: Information, Beratung, Anleitung, Unterstützung, Hilfestellung, Betreuung, Begleitung und Training, Vernetzung und Empfehlung von Fachstellen, um junge Menschen einzubeziehen und in ihrer Persönlichkeitsentwicklung zu unterstützen. Diese Aktivitäten können von Jugendinformationszentren oder von Jugendinformationsdiensten, die in anderen Strukturen angesiedelt sind, zur Verfügung gestellt werden. Die Prinzipien dieser Charta sollen bei allen Formen der allgemeinen Jugendinformation angewandt werden. Sie stellen die Basis zur Einrichtung von Mindeststandards und Durchführung qualitätssichernder Maßnahmen dar. Diese sollen in allen Ländern vorgenommen als Elemente eines umfassenden, schlüssigen und koordinierten Ansatzes der Jugendinformation, die integraler Bestandteil der Jugendpolitik ist, vorgenommen werden. Prinzipien 1. Unabhängig 1.1 Die bereitgestellten Informationen sind umfassend. Sie bieten einen Überblick über verschiedene Möglichkeiten und basieren auf vielfältigen und verifizierten Quellen. 1.2 Die angebotenen Informationen sind frei von jeglichem religiösen, politischen, ideologischen oder kommerziellen Einfluss. 1.3 Finanzierungsquellen von Jugendinformationsarbeit dürfen der Anwendung keiner der Prinzipien dieser Charta entgegenstehen. 2. Zugänglich 2.1 Jugendinformationsdienste garantieren allen Jugendlichen gleiche Zugangsmöglichkeiten. 2.2 Jugendinformationszentren und Jugendinformationsdienste sind für junge Menschen leicht zugänglich, attraktiv und sichtbar. 2.3 Jugendinformation wird in einer für Jugendliche verständlichen Form angeboten. 3. Inklusiv 3.1 Jugendinformationsdienste stehen allen jungen Menschen offen, ohne jede Form der Diskriminierung. 3.2 Jugendinformationsdienste sind für alle Jugendlichen kostenlos. 3.3 Jugendinformationszentren und Jugendinformationsdienste sind bestrebt die größtmögliche Zahl von Jugendlichen zu erreichen und sich dabei für verschiedene Gruppen und Bedarfe effektiver und geeigneter Formen zu bedienen. 4. Bedarfsorientiert 4.1 Jugendinformationsdienste basieren auf den Bedürfnissen junger Menschen. 4.2 Die zur Verfügung gestellten Informationen decken alle Themenbereiche ab, die für Jugendliche von Bedeutung sind. 4.3 Jeder Nutzer/jede Nutzerin wird als Individuum respektiert und die Beantwortung jeder Anfrage in personalisierter und somit effektiver und angemessener Weise gehandhabt. 4.4 Jugendinformationsstrukturen verfügen über ausreichend Personal, um personalisierte Unterstützung und Dienste gewährleisten zu können. 5. Empowering 5.1 Jugendinformationsdienste ermächtigen und befähigen junge Menschen und fördern ihre Eigenständigkeit. 5.2 Jugendinformationsdienste vermitteln jungen Menschen Medien- und Informationskompetenzen, die ihnen dabei helfen auf sichere und verantwortungsbewusste Weise zu handeln. 5.3 Jugendinformationsdienste fördern aktive Bürgerschaft und Beteiligung von jungen Menschen. 6. Partizipativ 6.1 Junge Menschen sind auf unterschiedlichen Ebenen und in verschiedenen Formen an der Erstellung, Verbreitung und Bewertung von Jugendinformation beteiligt. 6.2 Jugendinformationsdienste bieten Peer-to-Peer-Aktivitäten eine Plattform. 6.3 Junge Menschen werden dazu ermutigt, Feedback zu geben und sich somit an der fortlaufenden Entwicklung von Jugendinformations- diensten zu beteiligen. 7. Ethisch 7.1 Jugendinformationsdienste respektieren das Recht junger Menschen auf Privatsphäre, Vertraulichkeit und Anonymität. Jugendinformationsdienste stellen ein geschütztes Umfeld für junge Menschen dar. 7.2 Die Kriterien für die Auswahl von Informationen werden öffentlich und nachvollziehbar gemacht. Der Urheber*die Urheberin sowie der Zweck der Information sind eindeutig und sichtbar. 7.3 Alle erstellten oder weiterverbreiteten Informationen sind präzise, vollständig, aktuell und geprüft. 8. Professionell 8.1 Jugendinformationsdienste werden von speziell dafür geschultem Personal in professioneller Form zur Verfügung gestellt. 8.2 In der Jugendinformation Tätige verfügen über Medien- und Informationskompetenzen. 8.3 Jugendinformationsdienste arbeiten mit relevanten Akteuren und Akteurinnen zusammen, um Bedürfnisse zu ermitteln, Synergien zu erkennen, Expertise auszutauschen und Jugendinformation sichtbar zu machen. 8.4 In der Jugendinformation Tätige arbeiten auf lokaler, regionaler, nationaler, europäischer und internationaler Ebene zusammen und tauschen Beispiele guter Praxis und Wissen aus. 8.5 In der Jugendinformation Tätige stellen sicher, dass Jugendliche über das Wissen und die Fähigkeiten verfügen, um auf sie ausgerichtete digitale Dienste nutzen zu können. 9. Proaktiv 9.1 Jugendinformationsdienste sind innovativ bei der Wahl ihrer Strategien, Methoden und Mittel, um junge Menschen zu erreichen. 9.2 In der Jugendinformation tätige Personen kennen neue Entwicklungen und relevante Gesetze. Sie halten sich in Bezug auf zu jugendkulturelle Trends auf dem Laufenden. 9.3 In der Jugendinformation Tätige sind in der Medien- und Informationslandschaft proaktive Akteure und Akteurinnen, um die Sichtbarkeit qualitativer Jugendinformation sicherzustellen. Europäische Charta der Jugendinformation (PDF) aktualisiert 09/2018, aha@aha.or.at